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Ambitionierte energetische Sanierungen in Milieuschutzgebieten: Berliner Bezirke müssen aktiv werden

Mehr als ein Viertel der Berliner Wohnungen befindet sich in Milieuschutzgebieten, die der Verdrängung von sozial benachteiligten Mieter/innen entgegenwirken sollen. Weil Sanierungen die Mietpreise erhöhen können, bedürfen energetische Sanierungsmaßnahmen und teilweise auch der Heizungswechsel in Milieuschutzgebieten einer Genehmigung durch die Bezirke. In der Regel werden dort keine energetischen Sanierungen über das Mindest-Niveau des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) hinaus genehmigt.
Zudem bestehen weitere Einschränkungen, wann energetische Sanierungen überhaupt durchgeführt werden dürfen und welche Wärmeerzeuger installiert werden können. Diese Einschränkungen sind für das Erreichen der Klimaschutzziele Berlins sehr problematisch, denn die Sanierungsrate und die Sanierungstiefe muss deutlich gesteigert und die Wärmeversorgung vollständig dekarbonisiert werden. Da ein Großteil der älteren, sanierungsbedürftigen Gebäude in Milieuschutzgebieten liegt, stellt die aktuelle Umsetzung des Milieuschutzes in Berlin ein relevantes Hemmnis für die Wärmewende dar.

Das IÖW und die Kanzlei Becker Büttner Held (bbh) zeigen in einer gemeinsamen Studie, unter welchen Voraussetzungen eine sozialverträgliche Sanierung in Milieuschutzgebieten möglich ist und wie dies rechtlich verankert werden kann. Die Studie basiert auf Interviews mit den Berliner Bezirken und weiteren Praxisakteuren, auf modellbasierten Berechnungen zu Kosten und zur Kostenverteilung energetischer Sanierungen sowie auf Analysen der rechtlichen Rahmenbedingungen. 

Ambitionierte Sanierungen bei Förderung und fairer Kostenverteilung möglich 

Modellbasierte Berechnungen des IÖW zur Kostenverteilung von energetischen Sanierungen auf Vermieter/innen und Mieter/innen zeigen, dass eine ambitionierte Sanierungstiefe für Mieter/innen zu Entlastungen gegenüber einem geringeren Sanierungsniveau führen kann. Eine ambitionierte energetische Sanierung, etwa nach Effizienzhaus-55-Standard, und der Umstieg auf CO2-arme Wärmequellen kann sich langfristig positiv für die Mieter/innen auswirken – unter der Bedingung, dass umfangreiche finanzielle Förderprogramme für die Sanierung in Anspruch genommen werden. Das aktuell übliche Vorgehen der Bezirke, energetische Sanierungen auf GEG-Niveau zu begrenzen, ist somit weder für den Klimaschutz noch für die Mieter/innen langfristig eine gute Lösung.

Ambitionierte energetische Sanierungen über Nebenbestimmungen genehmigen

Eine Verdrängungsgefahr der Bevölkerung kann vermieden werden, indem sichergestellt wird, dass die Vermieterinnen und Vermieter Förderungen nutzen und die Umlage der Kosten der energetischen Sanierung auf die Miete begrenzt ist. Dies kann über Nebenbestimmungen und die Vorlage von Modernisierungsvereinbarungen durch die Bezirke sichergestellt werden. Die Autorinnen empfehlen den Bezirken daher, unter diesen Bedingungen auch ambitionierte Sanierungen in Milieuschutzgebieten zu genehmigen. Darüber hinaus sind Härtefallregelungen wichtig, um Kostensteigerungen, die kurzfristig in den ersten Jahren nach der Sanierung auftreten können, abzufedern. Eine weitere Empfehlung der Studie ist es, einen Leitfaden für die Bezirke und die Wohnungswirtschaft zu erarbeiten, der die Ergebnisse und Empfehlungen der Studie aufbereitet und den Bezirken aufzeigt, wie sie bei der Genehmigung von ambitionierten Sanierungsmaßnahmen vorgehen können, um sozialverträglichen Klimaschutz zu unterstützen.

Download der Studie (PDF, 1.4 MB)