Wärmewende sozial-ökologisch gestalten

Am Beispiel der Stadt Berlin hat das Projektteam Vorschläge zur sozial-ökologischen Transformation der Energieinfrastrukturen mit Fokus auf die Wärmeversorgung entwickelt. Für drei Stadtteile bzw. Quartiere innerhalb der Stadt wurden Wärmeszenarien ermittelt. Konkret wurden mögliche Beiträge von erneuerbaren Energien und lokalen Wärmequellen in Berliner Stadtquartieren untersucht. In diesen Gebieten haben politische Entscheider sowie am Prozess beteiligte Stakeholder verschiedene technische Entwicklungsoptionen erarbeitet und bewertet. Aufbauend auf den Ergebnissen entwickelten die Forscherinnen und Forscher Wärmeversorgungskonzepte für Quartiere und Wärmenetze mit dem Fokus auf Nutzung lokaler erneuerbarer Wärmequellen und Abwärme, Wärmeplanung, Resilienz und Sozialverträglichkeit. Die Ergebnisse sind in verschiedenen Infografiken anschaulich dargestellt.

Keimzellen für die Wärmewende erschließen

Bisherige Quartierskonzepte waren oft zu komplex, hatten zu viele verschiedene Akteure und landeten am Ende oft in der Schublade. Das Projektteam empfiehlt daher den Keimzellenansatz. Dies können etwa öffentliche Gebäude, Neubauvorhaben, gewerbliche Gebäude oder Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften sein.

Für ein Altbauviertel im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf zeigte das Projektteam, wie ein Quartierskonzept aussehen kann: Zunächst muss der Wärmebedarf durch eine energetische Sanierung gesenkt werden. Die Wärme kann über eine Abwasser-Wärmepumpe, die zum Teil mit vor Ort erzeugtem Solarstrom betrieben wird, in Kombination mit Kraft-Wärmekopplung erzeugt werden. Vor allem bei öffentlichen Gebäuden, die eine – in Berlin gesetzlich verankerte – Vorreiterrolle haben, sollte im Sanierungsfall und bei Neubauten immer geprüft werden, ob sie sich als Keimzelle für ein Quartierskonzept und die Mitversorgung umliegender Gebäude eignen, so eine Erkenntnis des Projekts.

Klimaneutrale Fernwärme: Abwärme und Erneuerbare nutzen

Um klimaneutral zu werden, ist es wichtig, lokale Wärmequellen aus gewerblicher Abwärme, Abwasser, Flusswasser, Solarenergie und Geothermie mehr in die Fernwärme zu integrieren. Dabei muss auch auf die Resilienz des Wärmeerzeugungssystems geachtet werden. Eine gemeinsame Fallstudie mit dem Fernheizwerk Neukölln zeigte, dass es möglich ist, lokale Wärmequellen zu nutzen. Aber die Einbindung muss technisch erprobt werden und es braucht unterstützende, finanzielle Maßnahmen. Nächste Schritte müssten nun etwa Probebohrungen für tiefe Geothermie sein sowie Pilotanlagen, die Abwasser- oder Flusswasserwärme durch Groß-Wärmepumpen für die Fernwärme bereitstellen. Für die Investition in die teils unerprobten und hochinvestiven Technologien braucht es Strategien zur Förderung und Risikoabsicherung. In Projektphase 2 befasst sich das Projektteam daher mit der Frage, wie konkreten Unterstützungsinstrumente aussehen können.

Wärmewende erfordert kommunale strategische Wärmeplanung – und Sozialverträglichkeit

Um die identifizierten Potenziale zu erschließen, braucht es eine Wärmestrategie und -planung auf Landesebene und Bezirksebene. Grundlage für eine kommunale Wärmeplanung ist ein Wärmekataster, das die Wärmeverbräuche und die Wärmequellen wie Abwasser und gewerbliche Abwärme sichtbar macht. Damit können zum Beispiel Quartiere für gebäudeübergreifende Konzepte identifiziert werden. Mit der Sektorenkopplung kommt es zudem darauf an, dass Kommunen und Städte infrastrukturübergreifend planen. Instrumente wie die Bauleitplanung und städtebauliche Verträge sind auf Klimaneutralität auszurichten.

Geringe Sanierungsraten der letzten Jahre zeigen, dass rein anreizbasierte Maßnahmen nicht ausreichen, um die energetische Modernisierung sicherzustellen. Deshalb empfehlen die Forscher/innen, die Vorschriften stärker umzusetzen und einen Stufenplan zu entwickeln, der den Gebäudebestand in Richtung Klimaneutralität führt. Gleichzeitig müssen Zuschüsse erhöht und Konditionen für die Umlage auf die Miete sozialverträglicher werden. Ein Stufenplan muss dabei so ausgestaltet bzw. gerahmt werden, dass die energetische Modernisierung sowohl für Vermieter als auch für Mieterinnen wirtschaftlich zumutbar ist.